Freitag, 23. Dezember 2011

BGH entscheidet zur Unverwertbarkeit von polizeilich abgehörten Selbstgesprächen

Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle - Nr. 206/2011


Angesichts des Sachverhaltes war das Ziel der Ermittlungsbehörden, hier zu einem plausiblen Ermittlungsergebnis zu gelangen durchaus verständlich. Auf der anderen Seiten ziehen die Grundrechten dem Verlangen nach einer effektiven Ermittlung deutliche Grenzen aus bürgerrechtlicher Sicht, denen der Senat mit diesem Urteil überzeugend Rechnung getragen hat. Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat 

in dieser Sache unter Zurückverweisung an das LG Köln entschieden, dass die Selbstgespräche im konkreten Fall nicht hätten zur Überführung der Angeklagten im Strafprozess hätten verwendet werden 
dürfen, weil insoweit ein Beweisverwertungsverbot bestand, das sich unmittelbar aus der Verfassung ergab. Mit der heimlichen Aufzeichnung und Verwertung des nichtöffentlich geführten Selbstgesprächs war ein Eingriff in den nach Art. 2 Abs. 1 in Verbindung  mit Art. 1 Abs. 1 GG absolut geschützten Kernbereich der Persönlichkeit  verbunden. Dieser Kernbereich wird mit dieser Entscheidung auf den Bereich des Selbstkommunikationen ausgeweitet, was zu begrüßen ist, da jedem Menschen ein Kernbereich verbleiben muss, der sich staatlicher Überwachung entzieht, was einen Rechtsstaat übrigens auch von einem autoritären Staat unterscheidet.

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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die Selbstgespräche im konkreten Fall nicht hätten zur  Überführung der Angeklagten im Strafprozess hätten verwendet werden dürfen. Insoweit bestand ein Beweisverwertungsverbot, das sich unmittelbar aus der Verfassung ergab. Denn mit der heimlichen 
Aufzeichnung und Verwertung des nichtöffentlich geführten Selbstgesprächs war ein Eingriff in den nach Art. 2 Abs. 1 in Verbindung  mit Art. 1 Abs. 1 GG absolut geschützten Kernbereich der Persönlichkeit
verbunden.



 Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die Revisionen der drei Angeklagten das Urteil des Landgerichts Köln vom 11. Dezember 2009 aufgehoben, durch welches diese jeweils wegen Mordes zu lebenslanger Freiheitstrafe verurteilt worden waren (vgl. Pressemitteilung Nr. 176/2011).

Nach den Feststellungen des Landgerichts tötete einer der Angeklagten seine Ehefrau, nachdem diese sich von ihm getrennt hatte. Er wollte damit verhindern, dass die Geschädigte das gemeinsame Kind mitnehme, das nach dem Willen des Angeklagten im Haushalt seiner mitangeklagten Schwester und deren ebenfalls mitangeklagten Ehemanns aufwachsen sollte. Die beiden Mitangeklagten waren an der Tat zumindest im Vorbereitungsstadium maßgeblich beteiligt; sie handelten, um den Wunsch zu verwirklichen, das Kind der Getöteten selbst aufzunehmen und großzuziehen. Konkrete Feststellungen zur Art der Tötung und zu konkreten Tatbeiträgen konnte das Landgericht nicht treffen, zumal die Leiche des Tatopfers nicht aufzufinden war.

Als eines unter mehreren für die Tatbegehung selbst sowie für die Täterschaft der Angeklagten sprechendes Indiz hat das Landgericht Bemerkungen des Ehemanns der Getöteten gewertet, die dieser bei Selbstgesprächen in seinem PKW gemacht hat. Das Kraftfahrzeug war auf richterliche Anordnung mit technischen Mitteln abgehört worden. Dabei wurden sowohl Gespräche von zwei der Angeklagten bei gemeinsamen Fahrten als auch – bruchstückhaft – Selbstgespräche des angeklagten Ehemanns der Getöteten aufgezeichnet. Auf beides hat das Landgericht die Verurteilung der drei Angeklagten gestützt.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die Selbstgespräche im konkreten Fall nicht hätten zur Überführung der Angeklagten im Strafprozess hätten verwendet werden dürfen. Insoweit bestand ein Beweisverwertungsverbot, das sich unmittelbar aus der Verfassung ergab. Denn mit der heimlichen Aufzeichnung und Verwertung des nichtöffentlich geführten Selbstgesprächs war ein Eingriff in den nach Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG absolut geschützten Kernbereich der Persönlichkeit verbunden.

Maßgeblich für diese Bewertung des Senats war eine Abwägung und Gesamtbetrachtung der maßgeblichen Umstände des konkreten Falles. Denn nicht jedes Selbstgespräch einer Person ist ohne Weiteres dem vor staatlichen Eingriffen absolut geschützten Kernbereich der Persönlichkeit zuzuordnen. Andererseits muss nach den Grundätzen des Schutzes der Menschenwürde und der Freiheit der Person ein Kernbereich privater Lebensgestaltung und Lebensäußerung verbleiben, in welchen der Staat auch zur Aufklärung schwerer Straftaten nicht eingreifen darf.

Der Grundsatz, dass "die Gedanken frei" und dem staatlichen Zugriff nicht zugänglich sind, beschränkt sich nicht allein auf innere Denkvorgänge , sondern erfasst auch ein in – unbewussten oder bewussten, unwillkürlich oder willkürlich geführten – Selbstgesprächen formuliertes Aussprechen von Gedanken, bei welchem sich die Person als "allein mit sich selbst" empfindet.

Wichtige Kriterien für die Entscheidung, ob Äußerungen in Selbstgesprächen diesem innersten, unantastbaren Bereich der Persönlichkeit zuzuordnen sind, sind namentlich

die Eindimensionalität der Selbstkommunikation, also die Äußerung ohne kommunikativen Bezug;
die Nichtöffentlichkeit der Äußerungssituation und das Maß des berechtigten Vertrauens der Person darauf, an dem jeweiligen Ort vor staatlicher Überwachung geschützt zu sein;
die mögliche Unbewusstheit der verbalen Äußerung;
die Identität der Äußerung mit den inneren Gedanken ,
die Äußerungsform als bruchstückhafter, auslegungsfähiger oder –bedürftiger Ausschnitt eines "Gedankenflusses".

In der Flüchtigkeit und Bruchstückhaftigkeit des in Selbstgesprächen gesprochenen Worts ohne kommunikativen Bezug liegen nach Ansicht des Senats auch rechtlich erhebliche Unterschiede etwa zu Eintragungen in Tagebüchern. Aus dem Umstand, dass eine Äußerung innerhalb des nach Art. 13 GG geschützten Bereichs der Wohnung fällt, lässt sich nach der gesetzlichen Systematik zwar ein verstärkendes Indiz für die Zuordnung zum geschützten Kernbereich ableiten. Auch außerhalb der Wohnung ist dieser Kernbereich aber absolut geschützt, wenn andere der genannten Gesichtspunkte in der Wertung überwiegen. So lag es in dem vom 2. Strafsenat entschiedenen Fall. Der gegen die Zuordnung zum Kernbereich der Persönlichkeit sprechende Sozialbezug der Äußerungen, der in ihrem möglichen oder tatsächlichen Bezug auf eine schwere Straftat lag, trat dagegen zurück.

Aus der Verletzung des von Art. 1 Abs. 1 und 2 Abs. 1 GG geschützten Kernbereichs der Persönlichkeit ergab sich danach ein absolutes Verwertungsverbot für die bei den Selbstgesprächen aufgezeichneten Äußerungen. Dieses Verwertungsverbot wirkt auch in Bezug auf die beiden Mitangeklagten.

Die Sache muss demnach erneut vor dem Landgericht Köln verhandelt werden.
Urteil vom 22. Dezember 2011 – 2 StR 509/10

Landgericht Köln – Urteil vom 11. Dezember 2009 - 90 Js 196/07 105 – 19/08
Karlsruhe, den 22. Dezember 2011
Pressestelle des Bundesgerichtshofs 

BGH: Nacherfüllung durch "Lieferung einer mangelfreien Sache" erfasst Ausbau und Abtransport der mangelhaften Kaufsache

Bundesgerichtshof 
Mitteilung der Pressestelle - Nr. 202/2011

In Umsetzung einer Entscheidung des EuGH hat der Bundesgerichtshof nunmehr grds. zugunsten der Verbraucher dahingehend entschieden, dass § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB* richtlinienkonform dahin auszulegen ist, dass die dort genannte Nacherfüllungsvariante "Lieferung einer mangelfreien Sache" auch den Ausbau und den Abtransport der mangelhaften Kaufsache grundsätzlich erfasst, wobei Ausnahmen wegen der Schranke des "angemessenen Betrags" bei der Kostenerstattung denkbar sind: 

" Das dem Verkäufer in § 439 Abs. 3 Satz 3 BGB* eingeräumte Recht, die Nacherfüllung wegen (absolut) unverhältnismäßiger Kosten zu verweigern, ist beim Verbrauchsgüterkauf (§ 474 Abs. 1 Satz 1 BGB) im Wege der richtlinienkonformen Rechtsfortbildung dahingehend einzuschränken, dass ein Verweigerungsrecht des Verkäufers nicht besteht, wenn nur eine Art der Nacherfüllung möglich ist oder der Verkäufer die andere Art der Nacherfüllung zu Recht verweigert. In diesen Fällen beschränkt sich das Recht des Verkäufers, die Nacherfüllung in Gestalt der Ersatzlieferung wegen unverhältnismäßiger Kosten zu verweigern, auf das Recht, den Käufer bezüglich des Ausbaus der mangelhaften Kaufsache und des Einbaus der als Ersatz gelieferten Kaufsache auf die Kostenerstattung in Höhe eines angemessenen Betrages zu verweisen. Bei der Bemessung dieses Betrags sind der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand und die Bedeutung des Mangels zu berücksichtigen. Die Beschränkung auf eine Kostenbeteiligung des Verkäufers darf allerdings nicht dazu führen, dass das Recht des Käufers auf Erstattung der Aus- und Einbaukosten ausgehöhlt wird."

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Richtlinienkonforme Auslegung des § 439 Abs. 1 BGB: Nacherfüllung durch "Lieferung einer mangelfreien Sache" erfasst Ausbau und Abtransport der mangelhaften Kaufsache

Der Bundesgerichtshof hat in Umsetzung eines Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union zur Auslegung der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufes und der Garantien für Verbrauchsgüter (ABl. EG Nr. L 171 S. 12; Verbrauchsgüterkaufrichtlinie) über den Umfang der den Verkäufer bei der Nacherfüllung nach § 439 Abs. 1 BGB* treffenden Pflichten sowie die Reichweite der dem Verkäufer nach § 439 Abs. 3 BGB* zustehenden Einrede der Unverhältnismäßigkeit entschieden.

Der Kläger erwarb von der Beklagten, die einen Baustoffhandel betreibt, Bodenfliesen zum Preis von 1.191,61 € netto. Nachdem er die Fliesen in seinem Wohnhaus hatte verlegen lassen, zeigten sich Mängel, deren Beseitigung nicht möglich ist. Der Kläger hat deswegen von der Beklagten die Lieferung neuer Fliesen sowie die Zahlung der Kosten für den Ausbau der mangelhaften Fliesen und den Einbau neuer Fliesen in Höhe von 5.830,57 € begehrt.

Das Landgericht hat der Klage aus dem – vom Kläger nicht geltend gemachten – Gesichtspunkt der Minderung in Höhe von 273,10 € stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht die Beklagte zur Lieferung neuer Fliesen und zur Zahlung der Ausbaukosten in Höhe von 2.122,37 € verurteilt. Die dagegen gerichtete Revision der Beklagten hatte überwiegend Erfolg.

Zunächst hatte der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs das Verfahren mit Beschluss vom 14. Januar 2009 ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union zwei Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt. Zum einen musste geklärt werden, ob Art. 3 Abs. 2 und Abs. 3 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie** dahingehend auszulegen ist, dass der Verkäufer im Falle einer Ersatzlieferung die Kosten des Ausbaus des mangelhaften Verbrauchsguts aus einer Sache, in die es der Verbraucher gemäß dessen Art und Verwendungszweck eingebaut hat, tragen muss. Zum anderen sollte klargestellt werden, ob eine nationale Vorschrift wie § 439 Abs. 3 BGB*, die es dem Verkäufer einer mangelhaften Kaufsache erlaubt, die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung (vgl. § 439 Abs. 1 BGB*) zu verweigern, wenn sie ihm Kosten verursachen würde, die verglichen mit dem Wert der mangelfreien Sache und der Bedeutung des Mangels (absolut) unverhältnismäßig wären, mit der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie in Einklang steht (Mitteilung der Pressestelle Nr. 8/2009).

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat hierüber durch Urteil vom 16. Juni 2011 entschieden und die vorgelegten Fragen wie folgt beantwortet:

"Art. 3 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter ist dahin auszulegen, dass, wenn der vertragsgemäße Zustand eines vertragswidrigen Verbrauchsguts, das vor Auftreten des Mangels vom Verbraucher gutgläubig gemäß seiner Art und seinem Verwendungszweck eingebaut wurde, durch Ersatzlieferung hergestellt wird, der Verkäufer verpflichtet ist, entweder selbst den Ausbau dieses Verbrauchsgutes aus der Sache, in die es eingebaut wurde, vorzunehmen und das als Ersatz gelieferte Verbrauchsgut in diese Sache einzubauen, oder die Kosten zu tragen, die für diesen Ausbau und den Einbau des als Ersatz gelieferten Verbrauchsguts notwendig sind. Diese Verpflichtung des Verkäufers besteht unabhängig davon, ob er sich im Kaufvertrag verpflichtet hatte, das ursprünglich gekaufte Verbrauchsgut einzubauen.

Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 1999/44/EG ist dahin auszulegen, dass er ausschließt, dass eine nationale gesetzliche Regelung dem Verkäufer das Recht gewährt, die Ersatzlieferung für ein vertragswidriges Verbrauchsgut als einzig mögliche Art der Abhilfe zu verweigern, weil sie ihm wegen der Verpflichtung, den Ausbau dieses Verbrauchsguts aus der Sache, in die es eingebaut wurde, und den Einbau des als Ersatz gelieferten Verbrauchsguts in diese Sache vorzunehmen, Kosten verursachen würde, die verglichen mit dem Wert, den das Verbrauchsgut hätte, wenn es vertragsgemäß wäre, und der Bedeutung der Vertragswidrigkeit unverhältnismäßig wären. Art. 3 Abs. 3 schließt jedoch nicht aus, dass der Anspruch des Verbrauchers auf Erstattung der Kosten für den Ausbau des mangelhaften Verbrauchsguts und den Einbau des als Ersatz gelieferten Verbrauchsguts in einem solchen Fall auf die Übernahme eines angemessenen Betrags durch den Verkäufer beschränkt wird."

Nunmehr hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB* richtlinienkonform dahin auszulegen ist, dass die dort genannte Nacherfüllungsvariante "Lieferung einer mangelfreien Sache" auch den Ausbau und den Abtransport der mangelhaften Kaufsache erfasst. Das dem Verkäufer in § 439 Abs. 3 Satz 3 BGB* eingeräumte Recht, die Nacherfüllung wegen (absolut) unverhältnismäßiger Kosten zu verweigern, ist beim Verbrauchsgüterkauf (§ 474 Abs. 1 Satz 1 BGB) im Wege der richtlinienkonformen Rechtsfortbildung dahingehend einzuschränken, dass ein Verweigerungsrecht des Verkäufers nicht besteht, wenn nur eine Art der Nacherfüllung möglich ist oder der Verkäufer die andere Art der Nacherfüllung zu Recht verweigert. In diesen Fällen beschränkt sich das Recht des Verkäufers, die Nacherfüllung in Gestalt der Ersatzlieferung wegen unverhältnismäßiger Kosten zu verweigern, auf das Recht, den Käufer bezüglich des Ausbaus der mangelhaften Kaufsache und des Einbaus der als Ersatz gelieferten Kaufsache auf die Kostenerstattung in Höhe eines angemessenen Betrages zu verweisen. Bei der Bemessung dieses Betrags sind der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand und die Bedeutung des Mangels zu berücksichtigen. Die Beschränkung auf eine Kostenbeteiligung des Verkäufers darf allerdings nicht dazu führen, dass das Recht des Käufers auf Erstattung der Aus- und Einbaukosten ausgehöhlt wird.

* § 439 BGB: Nacherfüllung

  (1) Der Käufer kann als Nacherfüllung nach seiner Wahl die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen.
(2) Der Verkäufer hat die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten zu tragen.
  (3) Der Verkäufer kann die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung unbeschadet des § 275 Abs.  2 und 3 verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist. Dabei sind insbesondere der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand, die Bedeutung des Mangels und die Frage zu berücksichtigen, ob auf die andere Art der Nacherfüllung ohne erhebliche Nachteile für den Käufer zurückgegriffen werden könnte. Der Anspruch des Käufers beschränkt sich in diesem Fall auf die andere Art der Nacherfüllung; das Recht des Verkäufers, auch diese unter den Voraussetzungen des Satzes 1 zu verweigern, bleibt unberührt.
  (4) (…)


** Art. 3 ("Rechte des Verbrauchers")
°°(1) Der Verkäufer haftet dem Verbraucher für jede Vertragswidrigkeit, die zum Zeitpunkt der Lieferung des Verbrauchsgutes besteht.
°°(2) Bei Vertragswidrigkeit hat der Verbraucher entweder Anspruch auf die unentgeltliche Herstellung des vertragsgemäßen Zustands des Verbrauchsgutes durch Nachbesserung oder Ersatzlieferung nach Maßgabe des Absatzes 3 oder auf angemessene Minderung des Kaufpreises oder auf Vertragsauflösung in Bezug auf das betreffende Verbrauchsgut nach Maßgabe der Absätze 5 und 6.
(3) Zunächst kann der Verbraucher vom Verkäufer die unentgeltliche Nachbesserung des Verbrauchsgutes oder eine unentgeltliche Ersatzlieferung verlangen, sofern dies nicht unmöglich oder unverhältnismäßig ist.
Eine Abhilfe gilt als unverhältnismäßig, wenn sie dem Verkäufer Kosten verursachen würde, die (...) verglichen mit der alternativen Abhilfemöglichkeit unzumutbar wären.
Die Nachbesserung oder die Ersatzlieferung muss innerhalb einer angemessenen Frist und ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher erfolgen, wobei die Art des Verbrauchsgutes sowie der Zweck, für den der Verbraucher das Verbrauchsgut benötigte, zu berücksichtigen sind.
(4) (…)

Urteil vom 21. Dezember 2011 – VIII ZR 70/08
LG Kassel – Urteil vom 24. November 2006 – 4 O 1248/06
OLG Frankfurt am Main – Urteil vom 14. Februar 2008 – 15 U 5/07
(veröffentlicht in ZGS 2008, 315 = OLGR 2008, 325)
BGH – Beschluss vom 14. Januar 2009 – VIII ZR 70/08
(veröffentlicht unter anderem in NJW 2009, 1660)
EuGH – Urteil vom 16. Juni 2011, Rs. C-65/09 und C-87/09 – Gebr. Weber GmbH/Jürgen Wittmer und Ingrid Putz/Medianess Electronics GmbH
(veröffentlicht unter anderem in NJW 2011, 2269)
Karlsruhe, den 21. Dezember 2012
Pressestelle des Bundesgerichtshofs 

Bundesgerichtshof zur "Neuwagen"-Eigenschaft eines Vorführwagens

Bundesgerichtshof 
Mitteilung der Pressestelle - Nr. 207/2011 vom 23.12.2011 

KfZ - Händler gehen mit den werberechtlichen Anforderungen an ihre werblichen Angebote im Internet mitunter etwas "lax" um. Die Pkw - EnVkV  (Pkw-Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung) ist in der Branche immer noch nicht so recht bekannt, obwohl sie zwingend Beachtung finden sollte. Der BGH hat sich jetzt auf den Standpunkt gestellt, dass diese VO unter dem Aspekt des Rechtsbruchs nach § 4. Nr. 11 UWG auch wettbewerbsrechtlich relevant ist, so dass bei Nichtbeachtung dieser Anforderungen sich erhebliche Abmahnrisiken ergeben, wie dieses Urteil zeigt. Die europarechtlich geprägte Auslegung dieser VO führt zu erheblichen Abweichungen hinsichtlich der überkommenen kaufrechtlichen Terminologie.

Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die Verpflichtung, in der Werbung für Neuwagen Angaben zum Kraftstoffverbrauch des angebotenen Fahrzeugs zu machen, auch für Vorführwagen gelten kann. 

Die Beklagte bot am 20. April 2009 auf einer Internet-Verkaufsplattform ein Fahrzeug an, das u.a. wie folgt beschrieben war: "Vorführfahrzeug …, EZ 3/2009, 500 km". Angaben zum Kraftstoffverbrauch und zu den CO2-Emissionen, wie sie § 1 der (Pkw-EnVKV) für die Werbung für "neue Personenkraftwagen" vorsieht, enthielt die Anzeige nicht. 

Der Kläger, der Verband Sozialer Wettbewerb, sieht hierin einen Verstoß gegen die in § 1 Pkw-EnVKV geregelte Informationspflicht und gleichzeitig einen Verstoß gegen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG). Er hat die Beklagte daher auf Unterlassung in Anspruch genommen. Das Landgericht Mainz hat der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht Koblenz hat dieses Urteil auf die Berufung der Beklagten aufgehoben und die Klage abgewiesen. Bei dem angebotenen Fahrzeug habe es sich nicht um einen Neuwagen gehandelt, weil es bereits als Vorführwagen im Straßenverkehr genutzt worden sei und auch schon eine Laufleistung von 500 km aufgewiesen habe. Der Bundesgerichtshof hat auf die Revision des Klägers das der Klage stattgebende erstinstanzliche Urteil wiederhergestellt. Ob die neuen Kriterien des BGH - der insoweit eine 1.000 hm - Grenze zieht - für die Abgrenzung zwischen einer Zwischennutzungsabsicht und einer Weiterverkaufsabsicht wirklich für die Praxis tragfähig sind, ist allerdings angesichts der Starre des Kriteriums gewissen Zweifeln ausgesetzt.

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Die in Rede stehende Verordnung, mit der eine Richtlinie der Europäischen Union umgesetzt worden ist, enthält in § 2 eine eigenständige Definition des Begriffs des neuen Personenkraftwagens und fasst darunter alle "Kraftfahrzeuge …, die noch nicht zu einem anderen Zweck als dem des Weiterverkaufs oder der Auslieferung verkauft wurden". Aus diesem Grund kann nicht auf den im nationalen Recht entwickelten Begriff des Neuwagens zurückgegriffen werden, den der Bundesgerichtshof im Kaufrecht bei der Frage der zugesicherten Eigenschaft oder im Wettbewerbsrecht bei der Frage der Irreführung zugrunde legt. 

Die gesetzliche Definition stellt an sich auf die Motivlage bei der Anschaffung des Fahrzeugs ab. Dabei kommt es indessen - so der Bundesgerichtshof - nicht auf die konkreten Vorstellungen an, die sich der Händler beim Erwerb des Fahrzeugs macht und die ohnehin kaum ermittelt werden könnten. Entscheidend sind vielmehr objektivierbare Umstände, aus denen sich ergibt, dass das betreffende Fahrzeug alsbald verkauft werden soll, ohne dass damit eine kurzfristige Zwischennutzung im Betrieb des Händlers - etwa als Vorführwagen - ausgeschlossen wäre. Als objektiven Umstand hat der Bundesgerichtshof auf die Kilometerleistung abgestellt: Bietet ein Händler ein Fahrzeug mit einer geringen Kilometerleistung (bis 1000 km) an, ist davon auszugehen, dass er dieses Fahrzeugs zum Zwecke des Weiterverkaufs erworben hat. Liegt die Kilometerleistung des angebotenen Fahrzeugs darüber, spricht dies dafür, dass der Händler das Fahrzeug (auch) zu einem anderen Zweck als dem des Weiterverkaufs - nämlich für die nicht ganz unerhebliche Eigennutzung - erworben hat. 

Urteil vom 21. Dezember 2011 I ZR 190/10 
 LG Mainz - Urteil vom 30. März 2010 - 10 HKO 80/09 
OLG Koblenz - Urteil vom 13. Oktober 2010 - 9 U 518/10 
Karlsruhe, den 23. Dezember 2011 
 Pressestelle des Bundesgerichtshofs

Sonntag, 4. Dezember 2011

Post vom "Gelben Branchenbuch" :-)

Es geht auf Weihnachten zu und es ist die Zeit der Spendenaufrufe. In diesem Sinne habe ich diese Woche ein Fax interpretiert, dass zur Teilnahme an einem "Gelben Branchenbuch" für mindestens zwei Jahre Laufzeit zum Monatspreis von 85 Euro einlud. Manche nennen das auch "Anzeigenbetrug" (der Link führt zu einer umfangreichen Urteilsdatenbank für den deutschen Bereich, die sehr empfehlenswert ist).


Die Laufzeiten sind - ziemlich kleingedruckt und leicht überlesbar, auch für Unternehmer - meist ähnlich geregelt: 

"Die Vertragslaufzeit beträgt zwei Jahre und verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn nicht spätetestens drei Monate vor Ablauf der jeweiligen Vertragslaufzeit schriftlich per Brief gekündigt wird"


Aus der Urteilspraxis in Deutschland, die den einschlägigen Anbietern nicht mehr so sonderlich wohlgesonnen ist, hat mancher Anbieter scheinbar interessante Konsequenzen gezogen. Der Unternehmenssitz wird im aktuellen Fall mit jetzt (Fax und Internetseiten differieren hier etwas) mit Providence, Mahé, Seychelles angegeben, allerdings ohne das dortige Recht vereinbaren zu wollen. Nein, die Anbieter wollen uns Europäern schon etwas entgegenkommen, indem folgendes in den AGB enthalten ist: 


"Gerichtsstand ist Budapest, Ungarn. Es gilt ungarisches Recht als vereinbart."

Mit einer gewerblich, freiberuflich oder unternehmerisch tätigen Zielgruppe lässt sich derartiges möglicherweise nach den Regelungen des IPR wirksam vereinbaren, was man hier dahinstehen lassen kann.  Es mutet indessen seltsam an, gerade eine solche Rechtswahl bei einer deutschen Zielgruppe zu treffen, die auch darauf zielen könnte, sich ungarische Zahlungstitel zu verschaffen, um diese nach der EuGVVO in Deutschland vollstrecken zu lassen. Gleichzeitig glaubt man damit die deutschen Gerichte "ausschalten" zu können.  

Gleichzeitig wird darauf hingewiesen, dass keine Identität mit den Angeboten der DeTeWe-Medien besteht, deren Datenbestand scheinbar fleissig genutzt wird, so dass die Möglichkeit eines Domainwechsels nicht ausgeschlossen wird. 

Wohl dem, der solchen Fax-Spam ignoriert, da ein Vorgehen gegen dieser Spammer in wettbewerbsrechtlicher Hinsicht derzeit ohne intensive Ermittlungen schwierig sein dürfte. 


Donnerstag, 1. Dezember 2011

EuGH: Eine Porträtfotografie genießt denselben urheberrechtlichen Schutz wie jedes andere Werk


EuGH, PRESSEMITTEILUNG Nr. 132/11 - Luxemburg, den 1. Dezember 2011

Urteil in der Rechtssache C-145/10
Eva-Maria Painer /
Standard VerlagsGmbH, Axel Springer AG, Süddeutsche Zeitung GmbH, Spiegel-Verlag Rudolf Augstein GmbH & Co KG et Verlag M. DuMont Schauberg Expedition der Kölnischen Zeitung GmbH & Co KG

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Die Einsicht, dass Portraitfotos von professionellen Fotografen als Lichtbildwerke urheberrechtlich geschützt sind, ist sicherlich nicht so ganz neu, wird aber durch den EuGH für den Bereich der gesamten EU klargestellt. Fotografen müssen von ihrer Arbeit leben können, aber ihre Werke werden vielerorts von Dritten präsentiert, die nicht einmal die Quelle nennen. Letzteres trifft Fotokünstler oftmals schwerer als der Eingriff in das Vervielfältigungsrecht an sich. Indessen häufen sich Fälle, in denen auch größere Unternehmen im Pressebereich bei freien Journalisten oder Fotographen Leistungen ohne Lizenz und ohne Urheberbenennung "abschöpfen". Wer sich wehrt, kommt mitunter als "Lieferant" nicht mehr in Betracht. Es ist angesichts derartiger Arbeitsbedingungen in diesem Bereich kein Wunder, wenn insbesondere freiberuflich tätige Pressefotographen Lizenzgebühren einfordern, wie dies vorliegend der Fall ist. Allerdings machte der EuGH hier interessante und völlig angemessene Einschränkungen für Fälle, in denen die Veröffentlichung erforderlich ist, um eine vermisste - oder sonst von einer schweren Straftat bedrohte, wie man ergänzen sollte - Person aufzufinden. Infolgedessen lassen sich insbesondere Art und Umfang des Schadensersatzanspruches in diesem Fall erst nach der Entscheidung des Handelsgerichts Wien beurteilen, das diesen Fall völlig zu Recht dem EuGH vorgelegt hat. 

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Eine Porträtfotografie genießt denselben urheberrechtlichen Schutz wie jedes andere Werk. Die Medien dürfen eine solche Fotografie jedoch ohne Zustimmung ihres Urhebers veröffentlichen, wenn die Veröffentlichung im Rahmen kriminalpolizeilicher Ermittlungen der Polizei helfen soll, eine vermisste Person wiederzufinden.


Frau Painer ist selbständige Fotografin und fotografiert u. a. Kinder in Kindergärten und Horten. Im Rahmen ihrer Tätigkeit hat sie mehrere Fotografien von Natascha K. gemacht (und dabei den Hintergrund entworfen, die Position und den Gesichtsausdruck bestimmt, den Fotoapparat bedient und die Fotos entwickelt).
Nachdem Natascha K. 1998 im Alter von zehn Jahren entführt worden war, erließ die österreichische Polizei einen Fahndungsaufruf, für den die Fotos von Frau Painer verwendet wurden.

Nach der Flucht von Natascha K. im Jahr 2006 und vor ihrem ersten öffentlichen Auftreten veröffentlichten fünf Presseverlage – vier deutsche und ein österreichischer – diese Fotos in bekannten Zeitungen bzw. Zeitschriften1 und auf Internetseiten, jedoch ohne Angabe des Namens der Urheberin der Fotos bzw. unter Angabe eines anderen Namens als desjenigen von Frau Painer als Urheberin.

Mehrere dieser Zeitungen und Zeitschriften veröffentlichten außerdem ein durch digitale Bearbeitung eines dieser Fotos hergestelltes Porträt, das, da es bis zu dem ersten öffentlichen Auftreten von Natascha K. keine aktuellen Fotos von ihr gab, ihr vermutetes Aussehen wiedergab.

Da Frau Painer der Auffassung war, dass mit der Veröffentlichung dieser Fotos ihr Urheberrecht verletzt worden sei, beantragte sie bei den österreichischen Gerichten, den Presseverlagen aufzugeben, es zu unterlassen, die Fotos und das Phantombild ohne ihre Zustimmung und ohne Angabe ihres Namens als Urheberin zu vervielfältigen und/oder zu verbreiten. Sie verlangte auch eine angemessenes Entgelt und Schadensersatz.


Es handelt sich um die Tageszeitungen Der Standard, Süddeutsche Zeitung, Express, Bild und Die Welt sowie die Wochenzeitschrift Der Spiegel.


Das Handelsgericht Wien (Österreich), bei dem der Rechtsstreit anhängig ist, möchte vom Gerichtshof wissen, ob das Unionsrecht Porträtaufnahmen einen schwächeren urheberrechtlichen Schutz gewährt, weil sie „wirklichkeitsgetreu“ seien und geringere künstlerische Gestaltungsmöglichkeiten aufwiesen. Ferner möchte das österreichische Gericht wissen, unter welchen Umständen die Medien solche Aufnahmen ohne Zustimmung ihres Urhebers für kriminalpolizeiliche Ermittlungen verwenden dürfen. Außerdem ersucht es den Gerichtshof um Klärung, unter welchen Umständen ein geschütztes Werk zitiert werden darf.
In seinem Urteil vom heutigen Tag führt der Gerichtshof zunächst aus, dass das Urheberrecht nur Objekte schützt, bei denen es sich um ein Original in dem Sinne handelt, dass es eine eigene geistige Schöpfung seines Urhebers darstellt. Eine eigene geistige Schöpfung des Urhebers liegt vor, wenn darin seine Persönlichkeit zum Ausdruck kommt. Dies ist dann der Fall, wenn der Urheber bei der Herstellung des Werks seine schöpferischen Fähigkeiten zum Ausdruck bringen konnte, indem er frei kreative Entscheidungen trifft.

Der Gerichtshof stellt fest, dass der Urheber einer Porträtfotografie bei deren Herstellung auf mehrfache Weise und zu unterschiedlichen Zeitpunkten frei kreative Entscheidungen treffen kann. So kann er in der Vorbereitungsphase über die Gestaltung, die Haltung der zu fotografierenden Person oder die Beleuchtung entscheiden. Bei der Aufnahme des Porträts kann der Urheber den Bildausschnitt, den Blickwinkel oder auch die Atmosphäre wählen. Schließlich kann er bei der Herstellung des Abzugs unter den verschiedenen bestehenden Entwicklungstechniken diejenige wählen, die er einsetzen möchte, oder gegebenenfalls Software verwenden.

Der Urheber einer Porträtfotografie kann mit diesen unterschiedlichen Entscheidungen dem geschaffenen Werk somit seine „persönliche Note“ verleihen. Daher ist eine Porträtfotografie urheberrechtlich geschützt, wenn sie Ausdruck der schöpferischen Fähigkeiten ihres Urhebers ist. Der Gerichtshof hebt außerdem hervor, dass dieser Schutz demjenigen entspricht, der anderen Werken, auch fotografischen Werken, zukommt.

Sodann weist der Gerichtshof darauf hin, dass der Umfang des urheberrechtlichen Schutzes nach dem Unionsrecht2 ausnahmsweise eingeschränkt sein kann, wenn das geschützte Werk zu Zwecken der öffentlichen Sicherheit genutzt wird, insbesondere bei kriminalpolizeilichen Ermittlungen zur Wiederauffindung einer vermissten Person. Hierzu führt der Gerichtshof aus, dass nur Staaten – und nicht Presseverlage – als fähig und verantwortlich dafür anzusehen sind, die öffentliche Sicherheit durch passende Maßnahmen wie etwa einen Fahndungsaufruf sicherzustellen.

Es lässt sich jedoch nicht ausschließen, dass ein Presseverlag im Einzelfall zur Erreichung eines Ziels der öffentlichen Sicherheit beitragen kann, indem er z. B. eine Fotografie einer gesuchten Person veröffentlicht. Diese Initiative der Medien muss allerdings im Zusammenhang mit dem Vorgehen der nationalen Behörden stehen, und sie muss im Einvernehmen und in Absprache mit ihnen ergriffen werden, soll sie nicht deren Maßnahmen zuwiderlaufen. Der Gerichtshof weist aber auch darauf hin, dass bei Ermittlungen eine Fotografie von den Medien veröffentlicht werden kann, ohne dass zuvor ein konkreter, aktueller und ausdrücklicher Aufruf der Sicherheitsbehörden hierzu ergangen wäre.

Schließlich stellt der Gerichtshof zur Zitierung von geschützten Werken fest, dass Werke, die der Öffentlichkeit bereits rechtmäßig zugänglich gemacht worden sind, zitiert werden dürfen, sofern die Quelle, einschließlich des Namens des Urhebers angegeben wird, es sei denn, dass sich dies als unmöglich erweist.
In diesem Zusammenhang geht der Gerichtshof auf das Vorbringen der Presseverlage ein, sie hätten Frau Painers Fotos von einer Presseagentur erhalten, aber Schwierigkeiten gehabt, die Urheberin zu ermitteln, und ihren Namen auf den Fotos nicht angeben können. Der Gerichtshof führt aus, dass die Presseagentur – sofern sie nicht rechtswidrig, d. h. ohne Zustimmung der Urheberin, in den Besitz dieser Fotos gelangt ist – den Verlagen den Namen der Urheberin mitteilen musste. Daher waren auch die Verlage gehalten, ihn in ihren Zeitungen anzugeben.

Es ist jedoch, so der Gerichtshof, auch möglich, dass es die nationalen Sicherheitsbehörden waren, die die Fotos von Frau Painer der Öffentlichkeit zugänglich gemacht haben. Dabei musste der Name der Urheberin nicht angegeben werden. In diesem Fall ist, sofern der Name der Urheberin nicht angegeben wurde, nur die Angabe der Quelle dieser Fotografien, nicht aber die Angabe des Namens ihrer Urheberin erforderlich.
HINWEIS: Im Wege eines Vorabentscheidungsersuchens können die Gerichte der Mitgliedstaaten in einem bei ihnen anhängigen Rechtsstreit dem Gerichtshof Fragen nach der Auslegung des Unionsrechts oder nach
der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl. L 167, S. 10) der Gültigkeit einer Handlung der Union vorlegen. Der Gerichtshof entscheidet nicht über den nationalen Rechtsstreit. Es ist Sache des nationalen Gerichts, über die Rechtssache im Einklang mit der Entscheidung des Gerichtshofs zu entscheiden. Diese Entscheidung des Gerichtshofs bindet in gleicher Weise andere nationale Gerichte, die mit einem ähnlichen Problem befasst werden.

Zur Verwendung durch die Medien bestimmtes nichtamtliches Dokument, das den Gerichtshof nicht bindet.
Der Volltext des Urteils wird am Tag der Verkündung auf der Curia-Website veröffentlicht